Nele wurde gesund und pünktlich nach 9 Monaten Schwangerschaft geboren. Am Tag nach ihrer Geburt in der Klinik bemerkte die Mutter, dass sie nicht mehr atmete. Nele wurde 30 Minuten lang reanimiert. Ihr kleines Herz konnte wieder zum schlagen gebracht werden. Allerdings war durch die Sauerstoffunterversorgung ihr Gehirn nicht mehr funktionsfähig. Da trafen die Eltern eine mutige Entscheidung: Sie gaben Nele zur Organspende frei. Was sich hier so einfach und lapidar anhört, dazu gehört unglaublich viel Leid, Herz und menschliche Größe….
Bis ein Transplantationsteam beim Spender und den Empfängern gebildet ist, der Transport und das ganze drumherum organisiert ist, vergehen ein paar Tage. Außerdem musste vorher im Abstand von festgelegten Zeiten der sichere Hirntod festgestellt werden. Dabei natürlich die winzige Hoffnung der Eltern, dass Nele doch noch eine Zeit lang durch die Kühltherapie, der sie unterzogen wurde, bei Ihnen bleiben würde. Leider war dem nicht so. Neles Kreislauf wurde durch Maschinen aufrecht erhalten. 8 Tage nach der Geburt wurde auch DSK informiert und der Call ging raus. Am nächsten Morgen sollte die Organentnahme stattfinden und Nele danach ihre letzte Reise antreten. Ich übernahm erst mal als Ansprechpartner und hatte ein tolles Backup Team , die mit für Nele bereit standen. Mein Ansprechpartner war eine Dame, die das ganze Geschehen rund um die Transplantation koordinierte. Wir verblieben dass sie mich anruft, wenn abzusehen ist, das die OP zu Ende geht. Morgens um 8 Uhr sollte das Team beginnen und man könne mit bis zu 5 Std. rechnen. Um 12 Uhr kam dann der Anruf sie würden noch 15 Minuten brauchen und ich könne los. Meine Tasche zum Fotografieren, als auch die für die Arbeit waren schon seit morgens im Auto. Ich hatte an dem Tag erst Dienst ab 14 Uhr, somit konnte ich den Einsatz selbst übernehmen. Um 12.30 Uhr stand ich vor dem Krankenhaus, hinter dem ein Helikopter abhob. Die Krankenschwester in mir überlegte, ob darin die Organe des Kindes sind. Der Mutter in mir schossen die Tränen bei dem Gedanken in die Augen. Meine Vermutung wurde mir kurz darauf vom Team bestätigt. Auf Station wurde ich gebeten noch einen Moment zu warten. Ich würde rein geholt wenn man soweit sei. Nach knapp 10 Minuten wurde ich dann ins Zimmer gebeten, ein normales Zimmer auf der Frühgeborenen Intensivstation. Sprich zig Gerätschaften im Raum. Ein Arzt und vier Schwestern sowie die Koordinatorin befanden sich im Zimmer. Dann fiel mein Blick auf das Bettchen mit Nele darin. Ich stand erst mal einen Moment sprachlos vor dem Bett. Was ein wunderschönes Kind. Könnte ich malen und sollte einen Engel malen, ich denke er würde wie Nele aussehen. Sie hatte schon so viele Haare, ihr liebes Gesicht wirkte irgendwie weise, wissend und sehr reif. Es fiel mir sehr schwer mich abzuwenden und mit dem Team zu reden. Der Arzt schilderte mir kurz Neles Geschichte, dabei liefen ihm die Tränen. Von Nele wurde das Herz und beide Nieren, sowie die Leber entnommen. Nieren und Herz wurden sofort abtransportiert, die Leber sei allerdings von der Größe her nicht passend gewesen.
Dann wurde ich aufgefordert schon mal ein paar sternenkinder fotos zu machen bevor die Eltern kamen. Sechs Leute sahen mir zu. Nele war sehr schön und liebevoll gebettet. Sie war hübsch angezogen und in ein schönes Einschlagdeckchen gepackt , drumherum lauter Stofftiere drapiert. Die Schwestern waren bei meinem Tun zuvorkommend und behilflich. Nach ca.20 Minuten kamen Neles Eltern. Sie bedankten sich herzlich für mein Kommen, dann gingen sie zu ihrem Kind. Hier entstanden noch ein paar sternenkinder fotos zusammen mit ihnen. Ich erklärte dann kurz das Administrative mit dem Vertrag , den der Vater mir ausfüllte. Dann fragte ich ob sie noch Bildwünsche hätten. Sie bedankten sich nochmal herzlich und es sei gut so. Ich bekundete den Beiden meine tiefsten Respekt und größte Hochachtung für ihre Entscheidung der Organspende. Die Mama sagte weinend: Damit hat das wenigstens einen Sinn gehabt.....Dem ist glaube ich nichts hinzu zufügen…..
Ich werde diesen Einsatz und Nele niemals vergessen und ihr immer ein ehrendes Andenken bewahren.Und natürlich danke ich den Eltern sehr, dass ich Neles Geschichte erzählen und ein Bild zeigen darf. Von den Eltern weiß ich das Neles Herz einem kleinen Bub, die Nieren einem Mädchen zum weiterleben verhelfen konnten! Ich wünsche mir, das diese Geschichte viele Menschen lesen und weitererzählen, um denen Mut zu machen, die vielleicht in eine ähnliche Situation kommen ….Mut anderen Menschen trotz eigenem Leid zu helfen.