Der Tag an dem für uns die Welt stillstand… 29.11.2017. Ich wurde gegen 05.55 Uhr wach. Was war das, warum zieht das immer so unangenehm? Sind das Wehen? Keine Ahnung, ich hatte noch nie Wehen. Es kommt regelmäßig, alle 8-10 Minuten. Ich glaube das sind doch Wehen, soll ich meinen Mann vorsichtshalber informieren? Ach ich weiss nicht, wird alles halb so schlimm sein…Mist, wir haben mittlerweile 9.00 Uhr und diese komischen Schmerzen kommen jetzt alle 5 Minuten. Ich rufe meinen Mann an: „Schatz, ich glaube ich habe Wehen, kannst du Heim kommen?“ „Ja klar, ich mache mich sofort auf den Weg!“
Eine Stunde später saßen wir im Auto auf dem Weg ins Krankenhaus. Ich hatte ein komisches Gefühl. Er hat doch noch 4 Wochen, warum jetzt schon? Er ist doch noch so klein! Oh mein Gott, wir werden heute schon Eltern. Bin ich schon soweit Mama zu werden?
Im Kreissaal angekommen erklärte ich der Hebamme meine Beschwerden und diese meinte, dass es bestimmt nur Senkwehen seien, das würde zeitlich ja auch hinkommen. „Wenn Sie schon hier sind, dann schauen wir gleich mal nach ihm!“ Wir gingen ins CTG-Zimmer. Eine FSJlerin kam um mir das CTG anzulegen…keine Herztöne! Ich war sofort nervös. Sie fragt mich ob er sich öfters verstecken würde und wann das letzte CTG gemacht worden wäre. Ich antwortete ihr am letzten Dienstag und die Herztöne waren immer sofort da. Sie versuchte mir die Angst zu nehmen und meinte, dass es öfters vorkommen würde, dass die Babys sich verstecken und man nicht sofort die Herztöne finden würden.
Sie ging und holte eine Hebamme. Mein Mann und ich schauten uns ängstig an. Die Hebamme kam und auch sie konnte nichts finden. „Kommen Sie mit mir mit zur Ärztin ins Untersuchungszimmer.“
Ich legte mich auf die Liege und die Ärztin machte den Ultraschall an. Da sah ich ihn. Leblos schwamm er mit angewinkelten Armen und Beinen in der Fruchthöhle. Sie untersuchte die Herztöne. Eine unheimliche Stille lag im Raum. Dann nahm ich meinen Mut zusammen: „Es sind keine Herztöne mehr da, richtig?“ Die Ärztin senkte ihren Kopf und schüttelte ihn zaghaft.
Ich war wie gelähmt, mein Mann brach in Tränen zusammen.
„Was passiert jetzt? „Ihr Muttermund ist bereits 7 cm geöffnet, wir werden Ihnen einen Wehentropf anhängen und würden Ihnen zu einer PDA raten, damit sie so wenig Schmerzen wie möglich haben.“
Wie in einem Film liefen wir der Hebamme hinterher. Sie führte uns in einen Kreissaal, dort angekommen gab sie uns einen Moment das Geschehene zu begreifen. Wir lagen uns weinend in den Armen. Ich rief meine Schwester und meine Mutter an. „Wir sind im Krankenhaus, sein Herz schlägt nicht mehr, ich werde heute mein totes Baby bekommen. Ich melde mich wenn ich mehr weiß.“
Die Hebamme betrat den Raum und erklärte uns, dass jetzt Schichtwechsel sei und die Hebamme Katrin gemeinsam mit uns unseren Sohn zur Welt bringen wird. Sie nahm uns mit Tränen in den Augen in dem Arm und wünschte uns viel Kraft diesen Tag zu überstehen.
Katrin betrat den Raum, wir waren uns auf Anhieb alle sympathisch: „Wir werden einen harten Tag vor uns haben, wir werden viel weinen, auch ich werde weinen, aber wir werden es irgendwie gemeinsam schaffen.“
Dann verging die Zeit wie im Flug mittlerweile war es 14.30 Uhr, als der Anästhesist kam um mir die PDA zu legen. Katrin kam alle halbe Stunde um nach mir und meinem Muttermund zu schauen. Um 16 Uhr sagt sie, dass mein Muttermund komplett geöffnet sei. Meine Fruchtblase platzte gegen 16.15 Uhr und nach 2 mal pressen erblickte unser kleiner Leander das Licht der Welt, still.
Mit 45cm und 1830g kam er um 16.28 Uhr in der 36. SSW. Katrin fragt uns ob es dabei bleibt, dass wir ihn sehen wollen und wickelte Leander in ein Tuch ein und legte ihn mir auf die Brust. Es war der schönste und auch traurigste Moment in meinem Leben. Da war er nun unser langersehnter Traum vom Glück, tot. Wir durften ihn bei uns behalten: „Wenn Sie soweit sind geben sie uns Bescheid.“
Katrin kam wieder zu uns in den Kreissaal und zündete uns eine Kerze an und bot uns an ein paar Bilder von Leander zu machen als Erinnerung für uns. Es war alles so unwirklich und betäubend. Unser Sohn war tot, ich habe gerade ein totes Baby zur Welt gebracht. Der Schmerz war unvorstellbar. Gegen 20.00Uhr kamen wir auf Station an.
Ich schrieb die erste Nachrichten: „Leander ist da und wir mussten ihn über die Regenbogenbrücke begleiten.“ Von einer Freundin und von meiner Schwester bekam ich irgendwann im Laufe des Abends den Link von Dein-Sternenkind geschickt. Beide sendeten mir ihre Nachricht mit den Worten: „Nicht, dass du es irgendwann bereust!“ Ich meldete mich auf der Homepage und versandt meinen Hilferuf.
Keine 2 Minuten später klingelte das Handy meines Mannes. Es war die Zentrale, wir entschieden uns dafür, am nächsten Morgen einen Fotografen kommen zu lassen.
Am nächsten Morgen meldete sich auch gleich ein Fotograf und wenige Minuten später war er bei uns. Die Tür ging auf und Matthias Raith betrat den Raum. Welch ein Segen dieser Mann war!
Er begrüßte uns herzlich und auch unseren Sohn. Es tat unwahrscheinlich gut, mit welchem Gefühl Matthias auf uns und unseren Sohn einging. Er behandelte ihn, als sei er noch am Leben gewesen. Dieses Gefühl und diesen Moment zu beschreiben fällt einem sehr schwer, aber dieser Besuch tat uns verdammt gut. Matthias verabschiedete sich von uns beiden und nahm uns fest in den Arm: „Ich wünsche euch viel Kraft für die kommende Zeit. Ihr könnt stolz sein, ihr habt einen wundervollen Sohn zur Welt gebracht.“
Nach etwa 5 Tage meldete ich mich bei Matthias, ich hatte das Bedürfnis mich nochmal bei ihm zu bedanken und das uns sein Besuch unwahrscheinlich viel bedeutet hat. Er antwortet uns wieder in einer sehr einfühlsamen Art und sendete mir ein erstes Bild welches wir auch für Leanders Beerdigung benutzen könnten.
Unser Traum vom Glück
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