Mist, dachte ich mir, ich habe die Brötchen für das Abendbrot vergessen. Also Blinker aus und weiter gerade aus fahren, wieder weg von Zuhause. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei Laura und Lena, zwei wunderschöne Mädchen, die ich gerade in Lüdenscheid fotografiert hatte.
Ich traf mich mit ihren Eltern beim Bestatter um für sie die Erinnerungen an ihre beiden Zwillinge festzuhalten.
Sie waren in Essen zur Welt gekommen, nur leider viel zu früh in der 23. SSW und nun war ich auf dem Heimweg von ihnen.
Am Tag zuvor schrillte bei meinem Handy zum xten mal die AlarmApp. Ich war gerade von einem Außentermin nach Hause gekommen und saß beim Abendbrot. Danach das gewohnte Ping im Handy, wenn wir Admins/Koordinatoren uns absprechen, wer den Call übernehmen kann.
Ich bin beruhigt, Oliver Wendlandt übernimmt, ich kann weiter essen. Danke Oli denk ich….
Minuten später schrillt wieder die AlarmApp. Mist denk ich mir, schon wieder ein neuer Call ? Ich schau aufs Handy und lese nur „Lüdenscheid morgen 15-17 Uhr“.... kein neuer Call. Es ist der, den Oliver Wendlandt angenommen hatte.
Dachte nur Mist, Kalender voll. Kunden drängeln. Viel zu tun…
Ich denke an unsere tollen Fotografen da draußen, einer wird schön können.
Die Zeit vergeht, ich überlege wie ich es möglich machen kann meine Kunden nicht zu verärgern und den Call zu übernehmen…. ja ich übernehme ihn. Ich werde einfach nach dem Abendbrot noch länger arbeiten als geplant. Das Wochenende steht vor der Tür, da werde ich auch etwas schaffen. Also geh ich in unser Forum und schreibe nur „Ich ruf an…..“
Am Telefon die Mama, merklich geschockt von dem was passierte. Nachdem ich gesagt hatte, dass ich zu ihnen komme, schwappte mir Dankbarkeit in der Stimme entgegen…. Dankbarkeit dafür, dass ich mir Zeit nehme und meinen Wagen bewege…. Dankbarkeit dafür, dass ich das mache was ich kann… Fotografieren.
Als ich in Lüdenscheid kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt mich beim Bestattungsinstitut, dem Bestatter und seiner Frau vorstelle, wurde ich schon positiv erwartet. Man freut sich, dass es uns gibt… dass es Dein-Sternenkind gibt. Sie kannten uns bis dahin noch nicht.
Wir reden kurz, dann zeigt man mir schon mal kurz die zwei, die in einem Körbchen liebevoll in Einschlagdeckchen auf einem Tisch mit Kerzen und kleinen Engeln umrahmt auf ihre Eltern warten.
Dann warten wir auf die Eltern, man erzählt über DSK, man hört, wie oft man vor Ort mit Sternchen zu tun hat….
Die Tür geht auf und die zwei sind da. Junge Eltern die mich anschauen… ein Blick aus Dankbarkeit, Trauer und ein wenig Unsicherheit….
Wir reden alle kurz mit dem Bestatter, dann zieht es die Mama zu ihren Mädchen….
Wir gehen zu Ihnen und ich sage, sie sollen mich nicht beachten… ich weiß, es ist schwer mich zu übersehen (dafür bin ich einfach zu groß) aber es hilft etwas, dass sie sich mehr auf ihre Kinder konzentrieren…. deswegen sind wir hier, Abschied nehmen von 2 hübschen Zwillingen die in der 23. SSW zu früh auf die Welt kamen…. ohne dass die Eltern oder die Ärzte etwas dagegen tun konnten. Sie nehmen die zwei auf den Arm. Streicheln über die kleinen Gesichter, lächeln weil die zwei so gleich und doch unterschiedliche Merkmale bei den Gesichtszügen haben, was sie an Familienmitglieder erinnert…
Ich mache währenddessen die Bilder. Ich weiß während ich die Bilder mache schon dass sie gut werden. Ich kontrolliere auf dem Monitor der Cam und muss schlucken… perfekt. Bekomme kurz selbst feuchte Augen…. Dann verstecke ich mich wieder hinter der Kamera, konzentriere mich auf die Eltern und ihre zwei kleinen Engel. Ich möchte keine Geste, keine Emotion der beiden verpassen….
Dann sage ich mir, es reicht… ich habe tolle Bilder. Was die Eltern noch nicht hatten ist Zeit, alleine mit Ihren Engeln, ihrer Laura und Lena.
Ich sage, dass ich raus gehe und draußen auf sie warte. Sie sollen sich soviel Zeit nehmen wie sie möchten.
Warten…. Ich sichte die Bilder schon einmal im Kurzdurchgang und rede mit dem Bestatter und seiner Frau.
Die Tür geht auf, der Papa kommt allein. Auch er möchte seiner Frau ermöglichen mit Ihren Mädchen alleine zu sein. Mit ihnen reden…..
Ich möchte jetzt noch Bilder der Kinder allein haben… als die Mama schließlich kommt, sage ich meinen Wunsch und frage die Mama ob sie mit möchte… Nein. Es ist ok… ich gehe allein zu diesen 2 hübschen Mädchen mit den kleinen Öhrchen und kleinen Händen. Ich mache die letzten Bilder der zwei. Rede in Ruhe mit ihnen… Dann verabschiede ich mich von Laura und Lena, packe meine Ausrüstung zusammen.
Ich erkläre den Eltern noch kurz wie es weitergeht und wie sie Ihre Bilder erhalten. Dann verabschiede ich mich auch von ihnen und bekomme unglaublich viel Dankbarkeit geschenkt. Dankbarkeit, weil ich das in meinen Augen wichtigste geschenkt habe heutzutage, Zeit. Zeit die ermöglicht hat, dass ich Bilder von zwei Mädchen gemacht habe die die einzigen Bilder sein werden die die Eltern haben werden.
Als ich zum Wagen gehe schau ich aufs Handy, Münster… ein Call rein gekommen während ich fotografiert habe. Ich gebe kurz den anderen Admins und Koordinatoren Bescheid, dass der Call beendet ist und ich zurück fahre.
Um den Münsteraner Call, der bei mir im Alarmkreise ist, mache ich mir Gedanken wenn ich zurück bin….
Ich sitze nun im Büro, schreibe selbst die Worte ins Forum, damit jeder von uns Aktiven DSK-Fotografen lesen kann, dass der Call beendet ist und freue mich, dass auch Münster bereits beendet ist. Unsere Alexandra Niedzielski hat ihr erstes Sternenkind erfolgreich fotografiert… Danke dir, dass du dabei bist
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