Einsatzbericht von Tanja

Einsatzbericht von Tanja

Letzte Woche erreichte mich ein Alarm aus K. Ein kleines Mädchen... geboren in der 31 Schwangerschaftswoche.. der Alarm kam nicht direkt aus dem Kreißsaal, sondern von Neugeboren Intensivstation. Ich rief sofort in der Klinik an und da erfuhr ich, dass die Kleine vor zwei Tagen geboren wurde.. sie hat zwei Tage gelebt und sei gerade verstorben.. die Eltern wünschten sich Bilder.. ob einer bitte sofort kommen könne.. Ich sprach mich schnell mit meinen Kollegen ab und fuhr los.. keine 20 Minuten später betrat ich die Station..

Ich wurde gleich an der Tür von den Schwestern der Station empfangen.. Dort haben wir kurz reden können und dann wurde mir das Zimmer gezeigt, in dem die kleine Familie zusammen saß.. der Papa stand im Raum, die Mama lag auf dem Stuhl, mit einem kleinen Bündel auf dem Bauch.. Ich trat näher und erkannte ein kleines wunderhübsches Mädchen.. kleine Schläuche bedeckten ihren Körper, so war sie bei der Mama für immer eingeschlafen.. Ich sah sie an und sagte: so eine süße Maus.. mehr konnte ich im ersten Moment nicht sagen.. Ich sah ein kleines Mädchen.. das wie schlafend bei der Mama im Arm lag.. der Papa trat näher und sagte mir: Das ist die kleine Greta-Matilda.. Ich sah ihre ganzen Haare und der Papa sagte mir, dass die drei großen Schwestern auch so viele Haare hatten und sie sahen nach der Geburt genauso hübsch aus wie ihre kleine Schwester..

Die liebe Stationsschwester war die ganze Zeit mit im Raum und nahm dann die kleine Schläuche ab.. Sie tupfte vorsichtig die Klebestellen sauber.. Sie besorgte einen ausgepolsterten Korb und zwei kleine Bodys.. Die Eltern haben sich für den brombeerfarbenen entschieden und das war genau die Farbe, die der kleinen Greta-Maltilda so gut stand..

Ich erlebe in dieser ersten kurzen Zeit so gefasste Eltern.. Ich erklärte ihnen kurz wer ich bin, dass ich da bin um ihre Tochter zu fotografieren. Die Mama sagte, sie hätten noch gar nicht gefragt, was das kostet.. Ich erklärte ihr, dass es nichts kostet.. das meine Kollegen und ich von DEIN Sternenkind ehrenamtlich Erinnerungsbilder schenken... In dem Moment wurde mir klar, dass wir auch in diesem Bereich noch mehr aufklären müssen.. nicht auszudenken, dass wir nicht anfordert werden, weil jemand Angst hat, uns nicht bezahlen zu können..

Dann fragte ich den Papa, was passiert ist... In der 20 SSW hat der Frauenarzt bei einer Routineuntersuchung festgestellt, dass zu wenig Fruchtwasser da war. Weitere Untersuchungen ergaben, dass Greta-Matilda eine verzystete Niere hatte.. Etliche Tests wurden durchgeführt... Wochen der Angst und Hoffnung folgten.. gute und schlechte Nachrichten reihten sich aneinander.. als sie 850g erreicht hatte die Hiobsbotschaft: Die Ärzte konnten keine Harnblase erkennen, sie gehen vom beidseitigem Nierenversagen aus.. Das würde heißen: Greta-Matilda ist nicht lebensfähig.. Die Ärzte raten zum Abbruch. Der Papa schreibt mir später- und diese Worte gehen mir nicht mehr aus demKopf:

Dieser Tag war ziemlich hart und wurde bestimmt durch Verzweifelung. Haben dann auch alle Möglichkeiten durchgesprochen. Aber wir sind dann zu dem Ergebnis gekommen, ihr wenigstens eine Chance zu geben. Ich meine.... es hieß die ganze Zeit immer..... es kann sein, dass das ist, es kann sein das jenes ist..... Es kann sein.... muss aber nicht. Und wer sind wir, Gott zu spielen und über das Leben zu entscheiden. Nur weil es dann unbequem wird für uns? Deswegen Greta-Matilda aufgeben und ihr keine Chance geben? Nein, das können wir nicht. Wenn wir nicht für sie kämpfen, wer dann ? Ich habe zu meiner Frau gesagt...Was wäre wenn sie erst nach einem Jahr krank geworden wäre? Hätten wir dann nicht für sie gekämpft und alles getan was möglich ist? Oder wären wir dann ins KH gefahren, hätten der Ärztin das Baby in die Hand gedrückt und gesagt. . Hier nimm wieder, is kaputt, wollen wir nicht???? Nein, niemals hätten wir das.

Und sie gaben Greta-Matilda diese Chance. Und die Kleine schaffte es bis zur 31 Schwangerschaftswoche. Dann setzen plötzliche Wehen ein. Auch hier gingen die Ärzte davon aus, sie würde es nicht schaffen. Entweder bei oder direkt nach der Geburt versterben.. Aber Greta-Matilda hat es anders entschieden. Hat entschieden zu kämpfen.. Der Arzt sagte nach der Geburt: Sie will leben – damit habe ich nicht gerechnet... Sie kam an die Dialyse und hat dies super gemeistert.. Am nächsten Tag dann stelle man fest, dass ihr Herz viel zu groß und stark ist für ihren noch so kleinen Körper.. und letztlich hat es viel zu viele Ressourcen verbraucht, dass für den Kreislauf nicht mehr genug übrig blieb.. Ein Lungenflügel kollabierte ... die Organe werden nach und nach versagen.. keine Chance für die kleine Maus..

Puh... ihr Lieben.. ich musste sehr schlucken beim Lesen dieser Zeilen.. Vor ein paar Jahren ist mein Großneffe in der 21 ssw mit genau der Anfangsdiagnose von Greta-Matilda ins Sternenland gezogen... Die Eltern entscheiden sich, ihr den Leidensweg von noch mehr Schmerzen und Operationen zu ersparen.. und so ist sie keine Stunde zuvor – nun stand ich vor diesem hübschen kleinen Mädchen im Zimmer – auf dem Bauch der Mama für immer eingeschlafen.

.. dann legte ich Greta-Matilda sanft in das Körbchen.. Ich bedeckte sie mit dem kleinen rosa Tuch, dass seit ihrer Geburt in ihrem Brutkasten lag und fing an sie zu fotografieren... sie ist so niedlich.. sieht aus, als würde sie schlafen.. Ihre kleinen Füße.. gehalten von den scheinbar so großen Händen der lieben Eltern.. Die beiden streicheln sie immer wieder.. ich glaube es ist in diesem Moment noch nicht realisiert, was hier gerade passiert ist.. das ihre kleine Tochter gerade auf dem Weg ins Sternenland ist.. Es war so ein heller und sonniger Tag.. ich glaube, das haben die Engel extra organisiert.. <3

Wir haben eine ganze Zeit lang fotografiert.. die Eltern haben die Kleine auf den Arm genommen, die geküsst.. sie angesehen..

Ich weiß nicht, wie lang ich da war.. irgendwann habe ich mich verabschiedet.. und habe das Krankenhaus mit ganz gemischten Gefühlen verlassen.. Auf der einen Seite konnte ich den Schmerz der Familie so mitfühlen.. Nun sind sie alleine mit der kleinen Greta-Matilda und verabschieden sich.. verlassen bald das Krankenhaus und werden ihre Beisetzung organisieren.. werden nach Hause fahren und den großen Schwestern sagen müssen, dass Greta-Matilda ins Sternenland gezogen ist.. Kaum greifbar und fast nicht zu verstehen für noch so kleine Kinder.. müssen stark sein für ihre Kinder... müssen sich aber auch Raum geben um zu trauern.. dann sind da die anderen Gefühle.. denn ich habe die Familie als so stark empfunden.. so liebe Menschen, die so liebevoll mit der kleinen Greta-Matilda umgegangen sind.. Ich bin so froh, dass sie zwei Tage lang die Chance hatten ihre kleine Tochter kennenzulernen.. sie atmen zu sehen.. sie streicheln zu können.. Bilder zu machen, die sie sofort den großen Geschwistern gezeigt haben.. die kleine Greta-Matilda hat so gekämpft.. und konnte dadurch auch ihre Eltern erleben.. und sie wird ihre ganze Liebe, die sie empfangen hat mitgenommen haben.. sie wird sie bei sich tragen bis alle wieder vereint sind..

Ihr Lieben... die Eltern möchten dazu beitragen, dass die Furcht davor, verstorbene Kinder fotografieren zu lassen, genommen wird.. dass es wundervolle Erinnerungen sind... die helfen, auch die kleinsten Details nicht zu vergessen.. Ich danke euch ihr lieben Eltern.. Ich habe eure kleine Greta-Matilda fest in mein Herz eingeschlossen und ich freue mich schon jetzt auf unser Wiedersehen.. wenn draußen wieder die Sonne scheint...

Der Papa schreibt mir gerade: Der Tag gestern war natürlich geprägt von Traurigkeit. Aber die Beisetzung war auch sehr schön. Und da hast auch du deinen Teil zu beigetragen. Keiner, ausser meiner Frau und mir, hatte Greta-Matilda überhaupt zu Gesicht bekommen.
Und so hatten wir dein Vorabfoto auf DIN A2 vergrössert und dort auf einem Ständer ausgestellt. So konnte sie dann jeder auch mal sehen, ohne Schläuche im Gesicht und aus sämtlichen Adern...

Ihr Lieben.. da hab ich eine Träne runter geschluckt....



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